BAföG Anspruch beim Praktikum
Beinahe jeder vierte Student in Deutschland bezieht BAföG. Dank dieser Unterstützung ist es auch Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen möglich, ein Studium aufzunehmen. Doch was passiert mit dieser Förderung, wenn während des Studiums ein Praktikum absolviert wird?
Warum benötigt man ein Praktikum?
Ein Praktikum ist für gemeinhin eine fachpraktische Tätigkeit, die darauf abzielt, Erfahrung im zukünftigen Arbeitsbereich zu erwerben. Für Auszubildende, die während des Studiums praktische Erfahrung sammeln möchten, kann ein Praktikum eine gute Möglichkeit sein, um das zukünftige Berufsfeld genauer kennenzulernen und wichtige Kontakte mit der Wirtschaft zu knüpfen.
Einige Studiengänge setzen ein Praktikum dabei schon vor Studienbeginn voraus und viele andere Studiengänge haben verpflichtende Praktika in ihre Studienpläne integriert. In diesem Fall handelt es sich dann um ein Pflichtpraktikum, wobei die praktische Tätigkeit Ausbildungscharakter hat und Teil der Hochschulausbildung ist. Ob man während der Absolvierung eines Praktikums Anspruch auf BAföG hat oder nicht, hängt einerseits davon ab, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges Praktikum handelt und andererseits auch von der Höhe der Vergütung, die während des Praktikums bezogen wird.
Praktikum vor Studienbeginn
Wird ein spezifisches Praktikum für die Aufnahme eines Studiums benötigt, so kann während der Zeit des Praktikums prinzipiell BAföG beantragt werden. Die Höhe der ausbezahlten Förderung richtet sich allerdings nach der Höhe der Praktikumsvergütung und dem persönlichen BAföG-Höchstsatz. Vor Antritt des Praktikums müssen daher sämtliche notwendigen Unterlagen am zuständigen BAföG-Amt eingebracht werden.
BAföG bei einem Pflichtpraktikum
Ein Pflichtpraktikum ist ein Praktikum, welches in der Ausbildungsverordnung des Studiengangs zwingend vorgeschrieben ist. Das Praktikum ist somit ein integrativer Bestandteil der Ausbildung und der Bezug von BAföG ist während dieser Zeit folglich prinzipiell möglich. Das Pflichtpraktikum kann während des Studiums, in den Semesterferien, als Teilzeitpraktika während des Semesters oder auch als gesondertes Praxissemester absolviert werden. Das BAföG wird unabhängig von der Zeit, wann das Praktikum absolviert wird, ausbezahlt.
Antragstellung
Bevor ein Pflichtpraktikum absolviert werden kann, muss ein Eignungsnachweis ausgefüllt und eingereicht werden. Um das BAföG zu erhalten, muss vor Beginn des Praktikums der passende Antrag am BAföG-Amt eingebracht werden, wobei im Formblatt 1 die Höhe der Praktikumsvergütung bekannt gegeben werden muss. Zudem muss im Formblatt 2 die Dauer des Praktikums, das Studium für welches das Praktikum absolviert wird und auch die Ausbildungsstätte angegeben werden. Nach Beendigung des Praktikums ist dem Amt dann eine Praktikumsbestätigung vorzulegen.
Praktikumsvergütung
Seit dem Jahr 2015 gibt es für Praktikanten einen gesetzlichen Mindestlohn, sofern die Dauer des Praktikums länger als drei Monate ist. Der Mindeststundensatz für Praktikanten beträgt aktuell 8,84 Euro brutto pro Stunde. Praktika, welche weniger als drei Monate dauern, sind von dieser Regel ausgenommen, wobei Unternehmen nicht die Pflicht haben, ein kurzzeitiges Praktikum überhaupt zu vergüten. Wie hoch die Vergütung schlussendlich ausfällt, hängt nicht nur von der Dauer, sondern auch von der Branche und vom Unternehmen ab. Statistisch gesehen beträgt die durchschnittliche Vergütung eines Praktikums zwischen 600 und 800 Euro monatlich. Diese Summe reicht meist jedoch nicht aus, um ohne Unterstützung den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Einfluss der Praktikumsvergütung eines Pflichtpraktikums auf das BAföG
Der maximale BAföG-Höchstsatz beträgt derzeit 735 Euro pro Monat. Auf Basis dieses Höchstsatzes wird unter Berücksichtigung der Lebensumstände der persönliche BAföG-Höchstsatz berechnet. Jegliches Einkommen, welches ein Student während des Studiums erzielt, wird auf den persönlichen BAföG-Höchstsatz in voller Höhe angerechnet. Bei einem Pflichtpraktikum gilt zudem, dass abgesehen von der Werbungskostenpauschale und der Sozialpauschale keine weiteren Freibeträge geltend gemacht werden können. Zudem ist der Studierende während eines Pflichtpraktikums versicherungspflichtig. Die Höhe der zu bezahlenden Versicherung hängt von der Art der Tätigkeit und der Höhe der Vergütung ab, wobei Praktikanten in den Genuss eines günstigeren Betragssatzes kommen.
Freiwilliges Praktikum
Ein freiwilliges Praktikum eignet sich gut, um allfällige Wartezeiten zu überbrücken und Praxiserfahrung im gewählten Berufsfeld zu sammeln. Zu viele Praktika können sich im Lebenslauf jedoch auch negativ auswirken. Studierende, die BAföG beziehen und ein freiwilliges Praktikum absolvieren, müssen sich über die finanziellen Konsequenzen im Klaren sein. So kann BAföG bei einem freiwilligen Praktikum nur dann bezogen werden, wenn das Praktikum während der Semesterferien absolviert wird. Die Höhe der Vergütung wird dem eines Nebenjobs gleichgesetzt und wirkt sich auf die Höhe des BAföGs aus. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ab dem vierten Semester Leistungsnachweise für den BAföG-Bezug erforderlich sind. Lässt sich ein Hochschüler für ein freiwilliges Praktikum für eine längere Zeit vom Studium befreien, so verliert er in dieser Zeit den Anspruch auf BAföG.
Einfluss der Praktikumsvergütung eines freiwilligen Praktikums auf das BAföG
Im Gegensatz zu einem Pflichtpraktikum werden bei der Absolvierung eines freiwilligen Praktikums Freibeträge gewährt. Die Vergütung wird somit gleichbehandelt wie Einkommen aus einem Nebenjob. Hierbei gilt, dass ein Einkommen von durchschnittlich 450 Euro pro Monat, keinen Einfluss auf die Höhe des BAföGs hat.
Spezialfall Auslandspraktikum
Auch bei der Absolvierung eines Pflichtpraktikums im Ausland kann BAföG bezogen werden. Zusätzlich haben Studierende hierbei die Möglichkeit, sich für das Erasmusprogramm zu bewerben. BAföG und Erasmus können gemeinsam eine Förderung von zu 970 Euro monatlich ergeben. Die Dauer des Auslandspraktikums muss jedoch mindestens 12 Wochen betragen und der aktuellen Ausbildung förderlich sein. Auszubildende, die ein Auslandspraktikum absolvieren möchten, müssen daher vorab eine Genehmigung der jeweiligen Ausbildungsstätte einholen, die die gewählte Praktikumsstelle im Ausland prüft und anerkennt.
Praktikum nach Studienabschluss
Ein Praktikum nach Studienabschluss wird nicht gefördert, da es keine zwingende Maßnahme für die Beendigung des Studiums darstellt. Als Pflichtpraktika gelten nur jene Praktika die vor oder während des Studiums im Studienplan vorgeschrieben wird. Diese Regel gilt auch für all jene Ausbildungen, die nach Studienabschluss eine weitere Praxis für die Berufsausübung vorschreiben, wie beispielsweise die Ausbildung zum Arzt oder Juristen.
Fazit
Ein Praktikum kann eine ausgezeichnete Chance sein, das zukünftige Berufsfeld genauer kennenzulernen. Auszubildende, die auf das BAföG angewiesen sind, sollten jedoch besonders bei freiwilligen Praktika darauf achten, die Einkommensgrenzen einzuhalten, um die Förderung nicht zu verlieren. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ab dem vierten Semester Leistungsnachweise erbracht werden müssen. Nimmt die Arbeit zu viel Zeit in Anspruch, so kann es sehr einfach passieren, die Anforderungen des Studiums nicht mehr zu erfüllen und das BAföG somit gänzlich zu verlieren.