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Gehalt und Vergütung beim Praktikum – das sollten Sie wissen

Seit der Einführung des Mindestlohnes haben Praktikanten ein Recht auf Bezahlung. Gilt das für jede Art von Praktikum? Zahlen die einzelnen Branchen unterschiedlich? Infos und Fakten rund um die Bezahlung im Praktikum.

Mindestlohn stellt Praktikanten besser

Praktikum war traditionell die Zeit, in der fürs Leben gelernt wurde, aber keine Bezahlung erwartet werden durfte. Diese Zeiten sind jedoch vorbei, denn am 1. Januar 2015 wurde der Mindestlohn eingeführt. Die ursprünglich 8,50 Euro die Stunde wurden zum Jahreswechsel 2017 auf 8,84 Euro erhöht. Praktikanten gehen nun im Schnitt bei einer 40-Stunden-Woche mit 1400 Euro brutto monatlich nach Hause. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn soll verhindern, dass jemand trotz voller Berufstätigkeit nicht von seinem Gehalt leben kann. Früher bekamen Praktikanten mit Glück und gutem Willen des Arbeitgebers zwischen 400 und 800 Euro, oft haben sie jedoch überhaupt keine Entlohnung enthalten. Man sprach schon von der “Generation Praktikum”, all jenen Hochschulabsolventen, die sich von einem mickrig oder gar nicht bezahlten Praktikum zum nächsten hangelten, in der Hoffnung, eines Tages eine Vollzeitanstellung zu erhalten. Praktikanten zählen zwar in die Gruppe all derer, die Anspruch auf den Mindestlohn haben, trotzdem wird er nicht bei jedem Praktikum bezahlt und ist an verschiedene Bedingungen geknüpft.

Wer bekommt keinen Mindestlohn?

Der Status einiger Praktikanten erlaubt ihnen nicht, den Mindestlohn zu erhalten. Das ist der Fall, wenn der Praktikant sich in einer Ausbildung nach dem Bundesausbildungsgesetz befindet, ehrenamtlich tätig ist, einen freiwilligen Dienst ableistet, an einer Maßnahme der Arbeitsförderung wie der Einstiegsqualifizierung nach dem SGB III beteiligt ist, nach dem Heimarbeitergesetz tätig ist oder selbstständig ist. Die Praxiserfahrung ist jedoch für Schüler und Studenten heute unverzichtbar. In vielen Studiengängen gibt es sogenannte Pflichtpraktika, die in der Studienordnung zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegt sind. Manche Prüfungsordnungen sehen solche Praktika nicht vor, doch ist es immer empfehlenswert, dann Praktika auf freiwilliger Basis während der Semesterferien zu absolvieren. Wenn diese freiwilligen Praktika den Zeitraum von drei Monaten überschreiten, muss der Mindestlohn gezahlt werden, auch rückwirkend. Viele kleinere Unternehmen können sich das nicht leisten und bieten deshalb ausschließlich Praktika unter drei Monaten an, was bedeutet, sie können das Gehalt frei bestimmen.

Vergütung Sozialabgaben

Vergütung Sozialabgaben ©iStockphoto/Evgeny_D

Die Regelung mit den drei Monaten resultiert aus der Annahme, dass ein Praktikant während dieser kurzen Zeitspanne noch keinen wirtschaftlich relevanten Beitrag zu dem Unternehmen leistet. Bei den bis zu drei Monate dauernden Pflichtpraktika innerhalb des Studiums besteht also laut Gesetzgeber kein Anspruch auf Entlohnung. Um ein Pflichtpraktikum handelt es sich immer dann, wenn das Praktikum im Studienplan vorgeschrieben ist und relevant für die Erlangung eines entsprechenden Abschlusses ist. Dem Praktikanten bleibt dann nur, auf das Entgegenkommen des Arbeitgebers zu hoffen, um eine Bezahlung zu erhalten. Ein wenig unklar ist die Rechtslage, wenn ein Praktikum für einen kurzen Zeitraum vereinbart war, dann aber verlängert wird und über die drei Monate hinausgeht. Denn hier fragt sich, ob rückwirkend vom ersten Tag an der Mindestlohn zu zahlen ist oder aber erst ab dem Zeitpunkt der Verlängerung.

Lohn muss im Praktikumsvertrag festgelegt sein

Der Mindestlohn betrifft nur Erwachsene. Wer unter 18 ist, kann nur Ansprüche geltend machen, wenn eine Berufsausbildung abgeschlossen wurde. Damit verhindert der Gesetzgeber, dass Jugendliche aufgrund des höheren Gehalts beim Mindestlohn auf eine Lehre verzichten. Jeder, der keine der im obigen Absatz genannten Ausschlusskriterien erfüllt, fällt unter den Mindestlohn. Es ist außerdem nicht möglich, dass ein Praktikant den Mindestlohn ablehnt und sich freiwillig mit einer geringeren Vergütung zufriedengibt. Wer sich nicht ganz sicher ist, ob sein Praktikumsplatz die Kriterien für den Mindestlohn erfüllt, sollte dieses Thema unbedingt im Vorstellungsgespräch anschneiden. Die Entlohnung muss auch im Praktikumsvertrag festgelegt sein, genauso wie Beginn und Dauer des Praktikums, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch und Ziel des Praktikums. Selbstverständlich ist ein Praktikum nicht in erster Linie zum Geldverdienen da, der Praktikant soll berufliche Erfahrung sammeln, relevante Kontakte knüpfen und sich für die spätere Berufswahl orientieren. Doch trotzdem ist es nur fair, wenn die Leistungen des Praktikanten und sein Beitrag zum Unternehmen entsprechend entlohnt werden.

Die Bezeichnung Praktikant bedeutet jedoch nicht immer, dass man auch wirklich einer ist. Geht man nach dem Gesetz, wird ein Praktikant eingestellt, „um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt“. Damit ist ein Praktikant genau genommen kein Arbeitnehmer, der dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt und somit zur Arbeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht bedeutet, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeit, den Ort, die Tätigkeiten, die zu erledigenden Aufgaben und die Dauer des Arbeitstages bestimmt. Beinhaltet der Praktikantenvertrag das Weisungsrecht, ist der Praktikant rein rechtlich gesehen ein Arbeitnehmer, was ihm das Recht verleiht, auch als solcher bezahlt zu werden. Wenn ein Praktikum wie ein normales Arbeitsverhältnis aufgebaut ist, spricht man von einem Scheinpraktikum.

Bezahlung und Urlaub im Praktikum?

Die Pflicht, den Praktikanten zu entlohnen, ergibt sich aus §§ 26, 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG), das ursprünglich für Auszubildende konzipiert wurde. Kombiniert man den § 26 BBiG mit dem Bundesurlaubsgesetz, kommt ein Urlaubsanspruch für Praktikanten in Höhe von zwei Werktagen pro Monat dabei heraus. Im Urlaubs- und Krankheitsfall bekommen Praktikanten ihre Vergütung, beziehungsweise Entgeltfortzahlung. Bei Pflichtpraktika im Rahmen einer universitären Ausbildung bestehen derartige Ansprüche nicht. Laut Bundesarbeitsgericht handelt es sich um Hochschulausbildungsveranstaltungen.

Arbeitszeit und Versicherung im Praktikum

Die Arbeitszeit eines Praktikanten darf acht Stunden am Tag nicht überschreiten. Die Gesetzeslage ist auch eindeutig, was ein Verbot betrifft, an Sonn- oder Feiertagen zu arbeiten. Ausnahmen gelten, wenn das Praktikum in einem Krankenhaus, der Gastronomie, beim Rundfunk oder der Presse oder Messen absolviert wird. Allerdings muss der Arbeitgeber dem Praktikanten dann einen Ersatzruhetag gewähren. Während eines Praktikums sind Praktikanten grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Wenn der Praktikant weniger als 450 Euro monatlich verdient, kann Versicherungsfreiheit eintreten. Sozialversicherungspflicht besteht bei freiwilligen wie bei verpflichtenden Praktika gleichermaßen. Ist der Student noch über die Familienversicherung der Eltern versichert, kann die Versicherungspflicht des Praktikanten bei einer finanziell geringfügigen Beschäftigung eingeschränkt sein.

Wie sieht der typische Praktikant aus?

Bachelor-, aber auch Masterstudiengänge verlangen heute fast alle Pflichtpraktika. Rund 43 % aller Praktikanten sind dann auch Studenten im Grund- oder Aufbaustudium. Der Level in der Ausbildung entscheidet auch über die Vergütung, ein Masterstudent erhält durchschnittlich 100 Euro mehr Praktikumsgehalt pro Monat als der Kommilitone aus dem Bachelor. Im Durchschnitt ist ein Praktikant zwischen 23 und 25 Jahren alt, wobei rund 55 % aller Praktikanten weiblich sind. Mit 50 % stammen die meisten aus dem Studiengang Wirtschaftswissenschaften, es folgen Ingenieurswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften. Schlusslicht bilden die Humanwissenschaften. 2016 wurde eine Studie der CLEVIS-Group mit insgesamt 4500 Praktikanten durchgeführt. Im Durchschnitt dauert ein Praktikum 5,34 Monate. Die meisten Praktikanten absolvieren es an ihrem Wohnort, mit 13,52 % zieht es nur einen geringen Teil ins Ausland. Die höchste Mobilität für ein Praktikum weist die Gruppe der Natur- und Kunstwissenschaftler auf. Für die meisten ist der Lernfaktor ausschlaggebende Motivation fürs Praktikum. Das jeweilige Unternehmen möchte man weiterhin später gerne im Lebenslauf nennen, was jedoch nur wichtig ist, wenn es sich um einen großen und renommierten Konzern handelt. Doch auch Praktika in jungen Start-ups sind beliebt, da hier von Anfang an auch vom Praktikanten selbstständige Arbeit verlangt wird und das Sammeln von Erfahrungen und Erwerben von Schlüsselkompetenzen natürlich extrem groß ist.

Details zur Praktikantenvergütung in Deutschland

Noch kann nicht beurteilt werden, wie sich die Einführung des Mindestlohnes auf die Praktikantenlandschaft auswirkt. Langfristige Praktika in kleinen und mittelständischen Unternehmen könnten zurückgehen, da es schwierig ist, junge Leute angemessen zu entlohnen. Viele, ursprünglich eher langfristig konzipierte Praktika werden vermutlich auf Kurzpraktika von maximal drei Monaten Dauer zusammengeschrumpft. Ein Faktor, der das Gehalt wesentlich beeinflusst, ist die Branche, in der das Praktikum absolviert wird. Die Studie der CLEVIS Group hat ermittelt, dass die Spitzenreiter bei der Praktikantenvergütung der Sektor Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung und Recht ist, denn hier liegt das Gehalt bei 1382,90 Euro brutto monatlich. Folgende Auflistung zeigt, mit welchen Gehältern Praktikanten in ihrer Branche im Schnitt rechnen können:

Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung, Recht

1.382,90 Euro
Konsum- & Gebrauchsgüter
1.380,43 Euro
Personaldienstleistungen
1.334,05 Euro
Baugewerbe & -industrie
1.321,24 Euro
Pharma
1.280,23 Euro
Finanzen, Banken & Versicherungen
1.259,73 Euro
Medien & Unterhaltung
1.231,21 Euro
Transport & Logistik
1.228,10 Euro
Telekommunikation, IT & Internet
1.216,03 Euro
Öffentlicher Sektor
1.194,33 Euro
Chemie
1.181,75 Euro
Energie & Rohstoffe
1.103,30 Euro
Bildung & Training
1.080,75 Euro
Maschinen- & Anlagenbau
1.038,87 Euro
Fahrzeugbau & -zulieferer
1.023,49 Euro
Elektrotechnik, Feinmechanik & Optik
994,08 Euro
Luft- & Raumfahrt
950,70 Euro
Vereine & NGOs
700,00 Euro
Freizeit, Touristik, Kultur & Sport
679,83 Euro

Je nach Praktikumsort unterschiedliche Vergütung

Nicht nur die Branche ist entscheidend, wenn es um den Praktikantenlohn geht, sondern auch das Bundesland spielt bei der Bezahlung eine Rolle. Im Süden wird generell besser bezahlt als im Norden, eine Ausnahme bilden dort lediglich die Hansestädte Hamburg und Bremen. Im Westen der Republik, im Osten sowie in der Hauptstadt wird in der Regel schlechter bezahlt. Die zehn lukrativsten Städte für Praktikanten in Deutschland sind, sowohl von der Vergütung her als auch vom tatsächlichen Angebot an Praktikantenstellen her:

1. München
2. Hamburg
3. Frankfurt am Main
4. Düsseldorf
5. Herzogenaurach
6. Berlin
7. Ludwigshafen am Rhein
8. Stuttgart
9. Mannheim
10. Schweinfurt

Lohnt sich ein Praktikum?

Wer vom Studium her nicht zwingend ein Praktikum machen muss, wird sich vielleicht fragen, ob sich der Aufwand wirklich lohnt. Doch die Studie zeigt, dass es Praktikanten gar nicht um das Gehalt geht. Die meisten würden ihr Praktikum auch für weniger bis gar kein Gehalt absolvieren. Denn die Berufserfahrung, die dabei gesammelt wird, ist unbezahlbar und kann kein Seminar in der Uni leisten. Auch das Knüpfen von Kontakten kann sich als Vorteil erweisen, denn schon oft sind Praktikanten, die gut in Erinnerung blieben, von einem Unternehmen eingestellt worden. Bei einer Praktikumsstelle sollte immer nach dem Interesse und dem Nutzen für die spätere Karriere gegangen werden und nicht nach dem Gehalt.

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